Die beiden hatten sich eingesperrt. Gut.
Sie hatten sich hinter dem Gerümpel, das dort unten lag, verborgen. Gut.
Sie hatten sich den Keller zeigen lassen, der nicht ein einziges Fenster nach außen hin hatte. Gut.
Looney hatte dem Hausmeister die Schlüssel entwendet.
Er hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, die ihm Aufgaben zuteilte, die seinen Arbeitstag ausfüllten.
Er hatte Stunden dort vor der Tür gewartet.
Gut.
Die Kinder gingen wieder. Das laute Trampeln und stapfen der Füße dröhnte in seinem Kopf, wie Hammerschläge traf ihn jeder davon - er hörte die schrillen Stimmen, die sich über Pokémon und YuGiOh unterhielten. Stimmen, die den Nachmittag verplanten, um bei dem Sonnenschein etwas zu unternehmen. Stimmen, die ihm sagten, dass diese Kinder die Sonne nicht sehen durften... dass sie nicht das Recht dazu hatten...
Mit einem leisen Seufzen legt er die Hände auf die Schultern des Kindes, das gerade vor ihm steht. Der Junge sieht mit einem traurigen Lächeln zu ihm auf.
~Ich möchte auch an die Sonne, Papa...~
Looney streicht ihm mit einer Hand über den Kopf.
"Wir gehen bald wieder spielen."
Seine Stimme hallt einsam durch die verlassenen Kellergewölbe, als das Kind seinen Kopf an den Mann lehnt, der dort in dem Clownskostüm steht, das er für sich auserkoren hatte.
~Du musst dich erst um diese Frau kümmern, richtig?~
Ee klingt ein wenig beleidigt, aber gleichzeitig nachgiebig.
"Ja, ich muss nach ihr sehen."
Wieder legt Looney beide Hände auf die Schultern des Jugens.
~Ich mag sie, aber sie hat Angst. Große Angst... Sei lieb zu ihr.~
"Ich werde sehen..."
Er nimmt die Hände von seinen Schultern und geht zu der Kellertür, die die beiden abgeschlossen hatten. Als plötzlich ein Kreischen durch seinen Geist fährt, zuckt er erschrocken zusammen und schüttelt den Kopf.
Nach ein paar Sekunden aber geht er zielstrebig auf Anouk zu und fasst sie an der Schulter. Vampire bei Tag sind so ein leichtes Ziel...
Das vehemente Kopfschütteln ruft ihn zur Besinnung und er befreit sie aus der Ecke... er muss sie von diesem selbsternannten Beschützer fortbringen - was auch immer er ihr eingetrichtert hatte.
Vorsichtig und langsam versucht er sie aus der Eckezu heben, da es sich aber schwieriger als erwartet gestaltet, fließt fast wie automatisiert das Vitae durch seine Adern und verleiht ihm die notwendige Kraft dazu, sie zu schultern.
Quälend einher geht das Verlangen, seine Fangzähne in ihren Hals zu jagen und... er spürt eine kleine Hand, die sich in seine Hand schiebt. Ja, er hatte ja recht...
Mit entschlossenen Schritten bringt er Anouk also aus dem Raum raus.
Aus dem Keller konnte er selbst heute nicht mehr heraus, die Sonne scheint und allein die Augen offen zu halten, bereitet ihm Mühe.
Also geht er nur ein paar Kellerräume weiter, lässt diejenigen aus, die Fenster besaßen und offnet einen, der ebenso dunkel, aber ein ganzes Stück kleiner als der vorherige ist.
An einer Wand steht ein ausgedienter Holzstuhl, auf den er Anouk setzt, bevor er zurückgeht, um die Tür zu schließen.
Dann hockt er sich vor sie, fasst sie an den Oberarmen... bis hierher hatte er geplant...
"Wach auf."
Es war nicht sonderlich laut, aber er schüttelt sie ein wenig... Vampire bei Tag zu wecken grenzt an ein Wunder... das weiß auch er. Aber mit einem leisen Seufzer macht er weiter.
"Los, wach auf!"