Judith
Das ist innerhalb der Zeit, in der sie schon bei dir wohnt, passiert:
Anouk brauchte Zeit, um sich an Lion zu gewöhnen. Während der ersten Tage war sie verschlossen und redete kaum ein Wort, sie war nicht unhöflich ihm gegenüber, doch die ganze Zeit stand in ihren Augen der stumme Wunsch, er möge sie in Ruhe lassen und nicht noch mehr Dinge erzählen, die sie nicht hören wollte. Sie zog sich völlig in sich zurück und begann erst langsam zu begreifen, was mit ihr geschehen war. Und es machte nicht den Anschein, als würde es ihr gefallen. Sie meidet immer noch den Blick in den Spiegel und trinkt auch nur dann, wenn Lion sie dazu auffordert. Danach ist sie meist sehr schweigsam. Manchmal, während sie liest, hält sie Inne und starrt auf ihre Hände, als habe sie sie noch nie zuvor gesehen.
Nachdem sie Lion am Anfang kaum in die Augen sah, weil sie es weder wollte noch konnte, fasste sie langsam Vertrauen und begann, ihm zuzuhören. Sie erwies sich zuerst als aufmerksame Schülerin und danach als jemand, der sich sehr nach Gesprächen sehnte. Mit dem Wissen, das ihr Mentor ihr weitergab, schrieb sie viele Notizbücher voll und verbrachte viel Zeit damit, auf ihrem Bett zu liegen oder am Küchentisch zu sitzen und sie zu lesen. Mittlerweile kann sie sie auswendig. Aber Lion wird den Verdacht nicht los, dass sie sich an die theoretischen Fakten klammert, mit der Realität dahinter aber nicht halb so gut klarkommt, wie sie behaupten würde, wenn er sie fragte.
Im Umgang mit Lion verlor sie ihre Befangenheit, auch wenn das etwas dauerte. Sie scheint normale Unterhaltungen, die nicht auf der bloßen Weitergabe von Informationen basieren, nicht gewohnt zu sein, auch wenn sie sie offensichtlich genießt. So ungeschickt sie auch bei der Kommunikation mit anderen ist, so oft ihr die Worte ausgehen oder sie zu Boden sieht, wenn ihr Gegenüber etwas gesagt hat, dass sie nicht erwartete oder mit dem sie nicht umgehen kann (wie zum Beispiel mit charmanten Kommentaren von Laro.. "Ich mag gefährliche Frauen" - mit so etwas ist sie heillos überfordert), sie hat ein gutes Gespür dafür, wenn sie Fragen gestellt hat, die Lion nicht beantworten will. In einem solchen Fall ist sie erschrocken, entschuldigt sich und sucht nach irgendetwas Unverfänglichen, meist sucht sie dann Zuflucht bei irgendwelchen sachlichen Themen ("Wie war das nochmal mit der Camarilla?"). Sie mag ihren Mentor sehr gerne, auch wenn es sie enorm viel Zeit kostete, seinen Namen richtig aussprechen zu können. Englisch beherrschte sie zwar im Kopf perfekt, hatte aber nie mit jemand anderem in dieser Sprache gesprochen, höchstens ein wenig mit Dr. Summers, und viele Buchstabenkombinationen, die es im Finnischen nicht gab, machten ihr Probleme. Nach Lai-in, Leei-on und Llien hatte sie den Kampf gegen ihren finnischen Akzent gewonnen und ihre Probleme mit der Aussprache scheinen nur dann noch durch, wenn sie sehr müde oder unkonzentriert ist. Das ist machmal der Fall, denn sie schläft nicht gerne und wenn, dann auf keinen Fall den ganzen Tag. Wenn Lion abends wach wird, kann er eigentlich davon ausgehen, dass sie schon nicht mehr schläft und in ihrem Zimmer liest, schreibt oder finnischen Gothic Metal über ihre Kopfhörer hört. Überhaupt, Finnland. Sie vermisst ihre Heimat, und vor allem ihre Eltern. Obwohl sie auf der einen Seite sehr ernst und abgeklärt wirkt, irgendwo ist sie immer noch ein Kind, zumindest manchmal. In einer der ersten Nächte rief sie mit unterdrückter Nummer bei sich zu Hause an und legte auf, direkt nachdem ihre Mutter sich gemeldet hatte. Danach schloss sie sich in ihrem Zimmer ein. Mittlerweile lässt sie sich ihr Heimweh nicht mehr anmerken und hat sich mit Amerika angefreundet. Eine andere Gelegenheit, bei der ihr kindliches Wesen deutlich wird, sind Ausflüge in die Stadt. Sie ist absolut fasziniert von den riesigen Gebäuden und den zahllosen Lichtern, und ihr Erstaunen kann sie nur halb so gut verbergen, wie sie eigentlich wollte. Mit der amerikanischen Kleidung verhält es sich ähnlich. Das meiste, was sie in den Läden sieht, findet sie zwar wunderschön, kann sich Kommentare wie "Ach du Schande, und so etwas kann man anziehen?" - nicht immer verbeißen. Deswegen neigt sie auch dazu, Leon um Rat zu fragen, wenn es um Anziehsachen geht. Die einzige Ausnahme bieten die langen Stulpen, die sie absolut immer trägt, auch wenn sie zu manchen der Kleidungsstücke einen fast unverzeihlichen Stilbruch darstellen.
Mit ihr unter einem Dach zu wohnen, bringt keine Probleme mit sich. Wenn sie früher aufsteht als er, ist sie so leise, dass sie Lion nicht weckt, sie ist ordentlich, vielleicht ein bisschen zu sehr, und lässt ihren Mentor in Ruhe, wenn sie spürt, dass er alleine sein will. Sein Buch hat sie niemals auch nur näher angesehen, geschweige denn berührt. Die Tatsache, dass es einen Namen hat, reicht ihr als Hinweis dafür, dass es etwas wirklich Privates ist und sie nichts angeht. Natürlich ist sie neugierig... aber sie stellt keine Fragen in diese Richtung.
Und jetzt:
Auf dem Küchentisch liegen ein paar von Anouks Notizbüchern aufgeschlagen, daneben ein Englischlexikon und ein vollgeschriebener Block. Sie selbst ist nirgendwo zu sehen.
Lion
Er wird sie die meiste Zeit in Ruhe gelassen haben, wollte nicht zu aufdringlich sein, sie nicht mit der neune Situation überfordern. Er redete oft mit ihr, genoss die Geselschaft. Sie fand ihn oft im Wohnzimmer an einem Laptop sitzen und etwas tippen, vollkommen vertieft und schien sie dann gar nicht zu bemerken. so etwa nach der helfte des Monats bemerkst du allerdings das er es vermeidet dir in die Augen zu schaun und manchmal etwas zögert bevor er dir das Glas mit Blut vor die Nase setzt. Er ist immer net und freundlich zu dir beantwortet wir gerne alle fragen bis auf einige persönliche, bei denen er in tiefes schweigen verfällt oder versucht das Thema zu wechseln. Immer wenn du es möchtest geht er mit dir in die stadt oder spazieren nur alleine lässt er dich nicht weg. Er erklärt dir das es ihm zu gefählich ist einmal da du deine Kräfte noch nicht unter Kontrolle hast und andererseite da zu viele hinter dir her sein könnten und das es ihm lieber ist wenn er im Notfall da ist um einzugreifen.
Und jetzt:
Er betritt die Küche, blickt sich suchend um, wirft dann einen kurzen bilck auf die Seiten der geöffneten BücherAnuk Ruft er und wartet auf antwort
Judith
Es sind ältere Notizbücher, zu erkennen daran, dass die Anmerkungen an den Rändern auf Finnisch sind und nicht, wie die Neueren, auf Englisch.
Eine Weile ist es sehr still, dann öffnet sich langsam die Tür. Anouk betritt das Zimmer, aschfahl im Gesicht. Sie sieht ihn nicht an und als sie schließlich spricht, geschieht das so leise, dass er kaum ein Wort verstehen kann.
Hör zu, sagt sie erstickt, bevor du etwas sagst, ich weiß, dass es idiotisch war und vorauszusehen, was passieren würde, aber ich habe meine Lektion gelernt und werde ganz bestimmt nicht-
Anouk zuckt zusammen, offensichtlich hat sie Schmerzen. Sie beisst sich auf die Lippen und schließt für einen kurzen Moment die Augen, dann hebt sie ihre rechte Hand, die sie bisher hinter ihrem Rücken verborgen hatte. Sie wird von einer Brandwunde geziert. Es ist meine Schuld, ich weiß, aber... es tut so verflucht weh.. bitte hilf mir, Lion.
Kojiro
entsetzt blickt er auf auf ihre Hand
Oh mein Gott was hast du getahn!! Setz dich erst mal
Er zieht einen der Stühle zürck damit sie sich setzen kann. Ok wie erkähr ich ihr das jetzt am besten. Er versucht seine Gedanken zu ordnen doch irgentwie scheint das nicht ganz zu funktionieren.
Judith
Anouk lässt sich ungeschickt auf den Stuhl sinken und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ihre Finger zittern. Pahoillan, mina... ich... Es tut mir leid, Lion