Re: Sonne
von Judith » 18.08.2008, 11:54
Bevor sie zu einer Antwort ansetzen kann, räuspert sich respektvoll jemand an der Tür, dann tritt ein Mann mit zwei gebratenen Fischen ein. Er neigt kurz sein Haupt, dann legt er den Fang, der auf einem unregelmäßigen Holzteller liegt, vor Kiyama und nickt ihr zu, dann entfernt er sich wieder.
Iss ruhig. Du bist immer sehr entkräftet, wenn du zurückkehrst. Diesmal scheint es besser zu sein, wenn du aus eigener Kraft herkommen konntest und noch bei Bewusstsein bist.
Tatsächlich fühlt sie sich ein wenig müde, und der Fisch duftet gut. Er scheint nicht gewürzt zu sein.
Du bist auf Kaua'i, der letzten der Insel der Blumen, die noch nicht den Weißen gehört. Sie kamen einige Jahre zuvor zum ersten Mal, und die Menschen hielten sie für Götter. Wir wussten es besser, und es gehört zu unseren größten Fehlern, dass wir sie nicht vertrieben. Mit ihnen kamen die Männer in schwarz, die den Glauben an Pele und die Tabus für eine Sünde erklärten und uns zu Ungeheuern, Dienern des Gegenspielers ihrer Gottheit. Ich weiß, dass du wütend bist und nicht fassen kannst, dass wir untätig bleiben. Doch unsere Lage ist aussichtslos. Du hast mir einmal gesagt, wie viele Menschen es jenseits des Meeres gibt, selbst wenn wir alle Eindringline vertreiben, es werden immer Neue nachkommen. Sie können nicht zu ihrem alten Glauben zurückkehren, denn man wird ihnen Leid dafür antun. Zudem sind ihre Gedanken schon vergiftet... alles, was wir tun können, ist, eine Möglichkeit zu finden, nicht zu sterben, nicht endgültig...
Die Selkies sind anders als wir, ein wenig mehr, wie du es bist. Sie helfen den Männern, wenn sie fischen müssen, und sagen uns, was jenseits von Kaua'i vor sich geht. So müssen wir uns nicht mehr zeigen und riskieren nicht, auf einer Fangfahrt mit einem Boot der Menschen zusammenzutreffen.
Sie zieht ihre große, kreisrunde Kopfbedeckung ab und wartet gefuldig, dass Kiyama anfängt zu essen.
Playing the obedient daughter
brought you where the wolfbane grows