Mächtig viel Glamour

[Judith]

Das Schiff hat wieder an Fahrt gewonnen, gleitet langsam fort vom Wrack der Prudentia, die jetzt nicht mehr zu sein scheint als altes, salzverkrustetes Holz. Die Puppe, die neben Kiyama auf der Matratze liegt, trocknet in der Wärme des Schiffes langsam und gewinnt ein wenig an Farbe, die Haare waren wohl einmal rot, das Kleid von einem schwachen Grün gewesen.

[Kiyama]

Sie zieht die Beine näher an sich und lehnt den Kopf darauf. Ihr Blick ist an die Puppe geheftet, warme Tränen steigen ihr in die Augen, die sie energisch wieder wegwischt.
'Warum gab es keinen anderen Ausweg?' Ihr Kopf pocht, es arbeitet darin, als sie wieder und wieder durchspielt, was geschehen ist. Wie diese verlorenen, traurigen Lebewesen ihr Dasein aufgaben um...ihnen zu helfen.
Viel zu spät bemerkt sie, wie die warmen Tränen ihr über die Wange laufen, diesmal vergräbt sie ihr Gesicht in dem Kopfkissen, wobei sie sich seitlich aufs Bett fallen lässt.

[Judith]

Ihre Augen brennen, während sie in das Kissen weint und ihren Kummer hinauslässt. Wie die Zeit auf diese Weise vergeht, vermag sie nicht zu sagen, doch zu weinen, hilft ihr nicht. Trotzdem verändert sich etwas... ganz sacht fühlt es sich an, wie eine Verschiebung in dem Gefüge, dass sie durch ihre Konzentration auf ihre Umgebung selbst jetzt immer noch spürt. Alles bleibt, wie es ist... doch etwas kommt hinzu, aus einem Element, dass sie nicht kennt und dass sich anfühlt, als habe es keinen Platz in der Welt. Nicht feindselig aber... so fremdartig, dass es mit nichts Anderem vergleichbar ist. Es scheint direkt über ihr zu schweben...

[Kiyama]

Sie schluchzt noch, als sie den Blick aber hebt. Ganz langsam, mehr zögernd sieht sie zu dem fremden Etwas auf. Beide Hände hat sie noch auf das Kissen gestützt und fasst es fester, als suche sie Halt.

[Judith]

Sie muss ein paarmal blinzeln, bis das Bild vor ihren Augen nicht mehr verschwommen ist, dann kann sie das kleine Zimmer erkennen, in dem sie sich befindet... und nur das Zimmer, was sich auch immer über ihr befindet, ist für ihre Augen wohl nicht erkennbar.
"Wein doch nicht, Kleine", sagt eine Männerstimme, die sich merkwürdig anhört. Freundlich, besonnen, ein wenig heiser, doch gleichzeitig scheint es sich nur um ein Flüstern zu handeln.

[Kiyama]

Sie reibt sich über die Augen und sieht noch einmal dorthin, wo nichts ist.
"Ich ...konnte nichts tun. Gar nichts...nur zusehen..."
Auch sie flüster nur heiser und gebrochen, ddie Worte verschluckt sie während des Schluchzens halb.

[Judith]

"Weine nicht um uns. Diese Entscheidung lag in unserer Hand. Es gibt keinen Grund für deine Tränen."
Die Stimme hat einen besänftigenden. tröstenden Klang.

[Kiyama]

"Es tut mir so leid, was mit euch geschehen ist..."
Erklärt sie ihre Tränen, wischt sie aber auch tapfer weg und setzt sich wieder richtig auf. Der Puppe sortiert sie ein paar Haare. Unendlich vorsichtig.

[Judith]

"Das ist viele Jahre her... und es war uns nicht länger vergönnt, das Schicksal zu betrügen. Seit unser Schiff sank, wartet dieser Weg auf uns... der einzige Weg, den wir noch gehen müssen, und es ist kein Grund, deswegen Tränen zu vergießen."

[Kiyama]

Sie nickt, aber nur wenig gefasster als zuvor.
"Kann ich noch irgendetwas für euch tun?"

[Judith]

"Zuerst müsst ihr zu den Anderen zurück... sie werden ungeduldig..."
Vager Schmerz klingt in der Stimme mit.
"Es ist schwer, mit ihnen zu handeln, doch ihr müsst es auf jeden Fall versuchen..."

[Kiyama]

"Damit wir wieder an Land zurück können?"
Sie zittert leicht, aber ja, der Krieg wäre jetzt wohl endgültig vorbei...

[Judith]

"Nein."
Eine Weile ist es still.
"Du bist zu jung, um das zu wissen, doch es fahren keine Schiffe mehr über diesen Teil des Meeres. Zu sehr häuften sich die Unfälle... und seit wir hier unten sind, folgte uns niemand mehr nach..."

[Kiyama]

Sie stützt den Kopf auf die Knie, als sie endlich aufgibt, etwas Unsichtbares zu suchen.
"Hat dieses Meervolk damit zu tun?"

[Judith]

"Niemand erinnert sich mehr an sie... und sie als Meervolk zu bezeichnen, wäre... nicht richtig, auch wenn ich dir nicht sagen könnte, was sie tatsächlich sind... oder gewesen sind..."